Ein Ausschnitt einer Stellenanzeige, der das (a) beschreibt.
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Unser (a) für alle

Ein (a) für „alle Menschen“ und davor die weibliche Form im Jobtitel: Mit diesem sprachlichen Hingucker machen wir uns seit Anfang 2022 in unseren Stellenanzeigen auf die Suche nach neuen Kolleginnen und Kollegen. Damit verursachten wir einen gewissen Wirbel. Und das war auch gewünscht, wollen wir doch unsere Grundhaltung noch deutlicher in den Vordergrund rücken: Bei uns sind einfach (a)lle Menschen willkommen – wir setzen und freuen uns auf ihre vielfältigen Talente, ihr Können und ihren Einsatz.

Das Presseecho war groß, die Rückmeldungen von begeistert positiv bis erschreckend unterirdisch. Dabei stand bei vielen Kritiken die weibliche Form besonders im Fokus: Vergewaltiger der Sprache wurden wir genannt, Sprachzerstörer und – mal was ganz Neues –Schildbürger. Und das sind noch die netteren Beschimpfungen. Schmunzelnd stellten wir uns also vor, wir alle würden heute noch schreiben und sprechen wie Goethe. Tun wir zum Glück aber nicht mehr, besuchen daher weiter fröhlich unsere Meetings, updaten unser Smartphone und beißen genussvoll in unser Croissant. Und wir wissen: Goethe fände das auch cool. Denn Sprache ist immer lebendig, begleitet gesellschaftlichen Wandel und erlaubt daher auch einen beizeiten spielerischen und experimentellen Umgang mit ihr. Und den haben auch wir uns ganz bewusst erlaubt.

Ein paar interne und externe Stimmen haben wir eingefangen:

„Dass Vielfalt so in den Vordergrund gerückt wird, darüber freue ich mich sehr. Die Stadt Freiburg schreibt sich noch deutlicher eine Willkommenskultur auf die Fahnen, die auch gerade Menschen mit unterschiedlicher Diskriminierungserfahrung in ihren Reihen begrüßt. Das verstehe ich als starken Auftrag an uns selbst: Denn Vielfalt willkommen heißen beinhaltet, dass wir uns als Verwaltung auch selbst auf die verschiedenen Bedürfnisse einstellen und Inklusion aktiv leben.“ Sarah Baumgart, Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung

Es ist doch schön, wenn etwas Farbe in die Stellenanzeigen kommt, damit werden wir mehr Aufmerksamkeit erzielen und vermutlich werden (a) nach Freiburg kommen wollen zur bunten Stadtverwaltung. So sind wir für (a) offen und grenzen niemanden (also k=keinen) aus. Es ist schade, dass ich diesem bunten Treiben bald nur aus der Ferne zuschauen kann.“ Bernd Nußbaumer, mittlerweile ehemaliger Leiter der Stadtkämmerei; … und er schlägt vor, dass wir auch auf neutrale Artikel umschwenken: d`Amtsleitung, de Gemeinderat – die badische Anlehnung an das englische, geschlechtsneutrale „the“…

„Die Stadt Freiburg hat sich da jetzt eine ganz elegante Lösung einfallen lassen.“ DIE ZEIT in ihrem Podcast: „Was jetzt?“

„Ob das Experiment gelingt, ist fraglich. Denn eines hat das Thema Gendersprache in den letzten Jahren gezeigt: Von einer Instanz regeln lässt sich Sprache nicht. Sie wird in der Gesellschaft aus-
gehandelt, von jeder und jedem Einzelnen.“ SWR

„Eine Eins-a-Idee“ BZ

„Ein Job-Angebot beschreibt eine Funktion die zu besetzen ist und ist daher im
generischen Maskulinum zu beschreiben. Bei dieser Darstellung wird niemand diffamiert.“ Zuschrift per E-Mail (Mann)

„Die männliche Bezeichnung ist da ja meist sowieso drin „versteckt“, z.B. im Wort „Bürgermeisterin“ kann ich ganz einfach auch den „Bürgermeister“ sehen. Die Ergänzung mit (a) finde ich super. Weiter so!“ Zuschrift per E-Mail (Frau)

„Ich habe in meinem Leben oft nach einer neuen beruflichen Herausforderung gesucht (mittlerweile bin ich Rentnerin). Erst spät war mir wirklich klar geworden, dass die jahrzehnte einzige Form, nämlich die männliche, mit der ein Stellenangebot formuliert wurde, mich von mancher Bewerbung abgehalten hat.“ Zuschrift per E-Mail (Frau)

Und wo wir oben schon von Goethe schreiben…Der sagte: „Die Gewalt einer Sprache ist nicht, daß sie das Fremde abweist, sondern daß sie es verschlingt.“
Unser sprachlicher Stolperstein zeigt, dass manches noch nicht so selbstverständlich ist, wie gedacht. Das aber bestärkt uns höchstens noch in unserem Eintreten für Vielfalt und Toleranz. Und es wird uns wohl auch künftig zu so manch belustigtem Augenzwinkern verführen – wir sind gespannt.

Und wer noch eine externe Stimme hören möchte: Der SWR hat letztes Jahr mal bei uns nachgefragt, wie es uns so bisher damit ergangen ist.